Klassenporträt

Liebevoll wird die O-Jolle gerne als „ältere Dame mit Temperament" bezeichnet.
Sie ist eine der aktivsten Klassen im DSV (Deutscher Seglerverband).Regattafelder von über 30 Booten mit über 60 Regattaveranstaltungen pro Jahr alleine in Deutschland, sowie internationale Meisterschaften mit Feldern um die 80-100 Boote sind die Regel. Die Aktiven sind junge oder jung gebliebene Segler zwischen 20 und 70 Jahren, alte Hasen und junge Füchse eben.

Die wachsende Beliebheit der Klasse liegt in der großen Seglergemeinschaft, die sich nicht nur in sportlichem Ergeiz misst, sondern auch an Land gerne gemeinsame Aktivitäten unternimmt.

Auch der weniger erfolgreiche Segler findet in der Gruppe seine Anerkennung. Der gemeinsame Blick in das Boot des Spitzenseglers, der Trimmtipp für den Neuling in der Klasse oder der sportliche Umgang mit dem Regelverstoß des Konkurrenten sind Beispiele für einen fairen und freundschaftlichen Umgang miteinander. Sponsor gestützte Spitzenteams sind in der O-Jolle Fehlanzeige, was dem unverkrampften Umgang miteinander fördert.


Aktuell ist die Olympiajolle nationale Klasse des DSV mit internationaler Verbreitung in den Niederlanden, der Schweiz, Österreich bis sowie Italien und Tschechien. Sie wurde ursprünglich als Einhandklasse für die Olympischen Spiele 1936 konstruiert. Im Laufe der Jahre ist die O-Jolle mit einem zeitgemäßen Rigg versehen worden. Doppelböden haben die Auftriebskörper verdrängt, trotzdem blieben die Änderungen so im Rahmen, das noch heute Boote der unterschiedlichen Generationen miteinander segeln.


Rein technisch gesehen ist die Olympiajolle eine Einheitsklasse. Sie hat einen flexiblen Alumast und ist mit komplexen Trimmeinrichtungen ausgestattet. Diese optimal eingesetzt ist das Boot auch bei Starkwind gut beherrschbar. Das seglerische Geschick spielt im Vergleich zu anderen Klassen eine größere Rolle als die physische Leistungsfähigkeit oder das Gewicht des Steuermannes. - und damit ist sie das ideale Boot  für den sportlichen, bequemen, großen, kleinen, jungen und älteren Segler. Die Olympiajolle ist sehr beliebt wegen Ihrer Standfestigkeiten und geringen Nebenkosten, sowie Folgekosten. 1 neues Segel alle 4 Jahre reicht aus. Desweiteren wurde die Olympiajolle so entwickelt das nicht wie bei anderen Klassen, dass Gewicht des Seglers recht uninteressant ist. Ein 130 KG Segler oder Seglerin kann bei wenig Wind vorne mitsegeln und ein Segler oder Seglerin mit 60 KG kann auch bei viel Wind vorne mitsegeln. Tacktisches Segeln bestimmt diese Klasse.


Durch die Klassenvorschriften werden alle modernen und traditionellen Bauverfahren unterstützt. Am häufigsten werden heute Kunststoffrümpfe mit Holzdeck gebaut. Daneben werden auch formverleimte O-Jollen oder solche in VollGFK gefertigt. So sind Neubauten für jeden Geldbeutel zu haben. Ein vorgegebenes Mindestgewicht garantiert eine sehr stabile und wertbeständige Bauweise. Nur so ist zu erklären, dass heute auf den Regattabahnen auch 15, 30 Jahre alte oder noch ältere Boote um vorderste Plätze mitkämpfen.

Auch der ambitionierte Kaffeesegler kommt nicht zu kurz. Schön anzuschauen hat die O-Jolle ein rundherum stabiles Deck. Beste Voraussetzung für den Tripp mit der Partnerin oder den Kindern um Ausflugsziele anzusteuern.


Obwohl nationale Klasse, sind O-Jollen-Segler Teil einer ausgeprägten internationalen Gemeinschaft. In der Schweiz, in Österreich, Italien, Tschechien und Frankreich, vor allem aber in den Niederlanden gibt es organisierte O-Jollen-Segler. Der Präsident des internationalen Dachverbandes ist traditionsgemäß ein Holländer. Alle Änderungen der Klassenvorschriften werden in diesem Rahmen gemeinsam und einvernehmlich erarbeitet, bevor sie dem DSV zur Genehmigung vorgelegt werden. Diese Gemeinsamkeit in organisatorischen Fragen setzt sich, bei aller sportlichen Konkurrenz, auf der Regattabahn ebenso fort wie im sozialen Umfeld. Und damit verbunden besteht natürlich die Möglichkeit, sich im internationalen Rahmen auf vielen attraktiven Revieren zu messen.

 


 

Klassenporträt O-Jolle: Erste Wahl bei Olympia 1936 – immer noch mit großen Feldern

Status Quo der "O"

11.08.2015 von der SR Redaktion          

Video mit meditativen O-Jollie-Luftaufnahmen. (Etwa eine Tonnenberührung bei 8:40 :-) )

Wer glaubt, die „Zeiten“ der Olympiajolle 1936 seien längst vorbei, der sollte mal einen Blick auf die derzeitigen Regattafelder werfen: Knapp

100 Boote bei der EM – in Würde gealtert!

Die Entstehungsgeschichte der Olympiajolle hängt – nomen est omen – eng mit den Olympischen Spielen 1936 zusammen, für die ein neues Einhandboot konstruiert werden sollte, um die bis dahin verwendeten 12-Fuß Dingis (etwa 9qm Segelfläche) und das amerikanische Monotyp-Scharpie (etwa 8 ½ qm Segelfläche ) zu ersetzen.

Olympiajolle, Klassenporträt

Die “skagarak” mit der Segelnummer 1 © IOU

Nachdem der Dahme Jacht Club 1932 auf dem Bundestag des Deutschen Seglerbundes einen Antrag auf Schaffung einer für Binnengewässer brauchbaren Einmannjolle für Olympia gestellt hatte, wurden schon kurz darauf die wesentlichen Bauvorgaben für den neuen Typ herausgegeben:

Rundspantboot, karweel geplankt, gerader Mast mit 10 qm Cat-Hochtakelung, 4 Latten im Segel, Länge 5 m, Breite 1,5 m, Freibord vorn mindestens 50 cm, Schwert (mind. 5 mm) im festen Bolzen drehbar, Tiefgang mit Schwert höchstens 1 m.

Nach den Ausscheidungsregatten einander zwar ähnelnder, aber letztendlich doch unterschiedlicher Risse wurden für die Olympischen Spiel sofort 100 Boote der „siegreichen“ Olympia-Jolle bei Buchholz in Potsdam gebaut.

Die Spiele 1936 sorgte für einen ausreichenden Bekanntheitsgrad und entsprechende Verbreitung des neuen Bootstyps. Aber dieser Entwicklung setzte der Krieg dann ein Ende. Zeitzeugen berichteten, dass die Regattatätigkeit bis 1943 ging und erste zaghafte Regatten in der O-Jolle nach dem Krieg in Berlin schon wieder 1946 bei den Tourenseglern Grünau durchgeführt wurden. (Quelle: Geschichte der Olympischen Bootsklasse 1936)

Status Quo der “O”

So weit zur Herkunft. Tom Holert, zwar neu in der Klasse aber seiner O-Jolle zutiefst verbunden, beschreibt treffend den „Status Quo der O“:

Ich bin Neueinsteiger, nach über 30 Jahren Segelpause musste ich mich im Regattabetrieb ganz weit hinten einreihen, die Jungs in der Klasse – einige Spitzenleute, wie der langjährige Dauerchampion Knut Wahrendorf, schon jenseits der 70 – segeln schlicht auf höchstem Niveau.

Große Felder – die O-Jollies im Aufwind © IOU

Eigentlich ein Boot für die „Zockerei auf Binnengewässern“, wagt man sich auf der O-Jolle in den letzten Jahren wieder vermehrt auf die Ostsee. Wo meistens, je nach Standpunkt, “spektakuläre” oder “grenzwertige” Bedingungen vorherrschen wie bei der IDM in Warnemünde 2014. Seit drei Jahren nimmt die O-Jolle auch wieder an der Travemünder Woche teil.

Die Olympiajolle war zu DDR-Zeiten das Auffangbecken für viele von der Kaderrealität abgeschreckte Finn- und OK-Segler, deshalb die über Jahrzehnte kultivierte Qualität und Kontinuität, v.a. in Berlin, Brandenburg und Sachsen-Anhalt. Im Westen hatten sich in den Nachkriegsjahrzehnten, trotz der Ächtung durch das IOC (das nach der Spielen 1936 lieber das Finn einsetzte) auf den Revieren in Berlin, Ratzeburg/Plön, Steinhuder Meer/Dümmer, Baldeneysee, Ammersee usw.

ebenfalls stattliche Aktivenzahlen entwickelt.

In Würde gealtert © IOU

Nachwuchsprobleme?

Die Wiedervereinigung führte dann seit den 90ern zu zeitweise sehr großen Feldern, vor allem, wenn sich zu den Meisterschaften auch noch die starken Holländer sowie Schweizer und Österreicher dazu gesellen.

Die Klasse hat ein gewisses Nachwuchsproblem, weil das Image des Bootes nicht gerade verwegen-jugendlich ist und die Anschaffungskosten nicht unbedingt gering sind: Neue Olympia-Jollen kosten um die 20.000 Euro; allerdings lässt sich auch mit gebrauchten, in manchen Fällen sogar mit drei, vier Jahrzehnte alten Holzbooten noch sehr erfolgreich segeln!

Dafür muss man keine Unsummen in Materialoptimierung stecken, wichtiger sind gute Trimmkenntnisse, Segeltechnik und alle zwei, drei Jahre ein neues Segel.

Immer noch starke Felder besonders in Deutschland. © IOU

Der Zusammenhalt und die Kameradschaft der O-Jollies ist mittlerweile legendär – auch wenn das eigentlich jede Klasse von sich behauptet. Hier stimmt es jedenfalls!

Trend nach oben

In diesem Jahr lässt sich ein spürbarer Aufwärtstrend vermelden, die Felder wachsen wieder (neulich am Stienitzsee bei der Brandenburger Meisterschaft 40 Meldungen, gleiches in Plön vor einigen Wochen; die Euro und die Niederländische Meisterschaft 2015 weisen Meldezahlen knapp unter 100 auf).

National dominieren in den letzten Jahren Donald Lippert (Berlin), Göran Freise (Magdeburg), Wolfgang Höfener (Dümmer), Detlef Munke (Steinhuder Meer), Frank Lietzmann, die Gebrüder Knut und Olaf Wahrendorf, Holger Kalinna, Christian Seikrit (alle Berlin) und Jan Ten Hoeve (Plön).

Die letzten IDM-Siege holte sich allerdings, immer wenn er teilnahm, Stefan de Vries, der holländische Finn-Segler und Trainer. Bleibt zu erwähnen, dass die drei Großereignisse in diesem Jahr innerhalb von zwei Wochen in regionaler Nähe stattfinden. Sogar Preise (Edelparfüm …) für die Gesamtbesten dieser Tourneen wurden ausgelobt!